Veröffentlicht am 18.10.2005
In mehreren Stufen wurden im letzten Jahr die Haftungs- und Versicherungsregelungen im Luftverkehr verändert. Auf einen wichtigen Aspekt, den Wegfall der obligatorischen Passagier-Unfallversicherung (OPUV), habe ich schon im Infoletter Nr.1 hingewiesen, hier folgen nun einige weitere Aspekte, die nach meiner Beobachtung durchaus noch nicht allgemein bekannt sind.
Weitergabe von Gästen - Achtung Haftungsfalle !
Der Gast bucht bei Ballonfahrer A eine Fahrt, dieser bittet seinen Kollegen B den Gast zu fahren. Ein gar nicht so seltener Vorgang, z.B. bei Veranstaltungen, bei Kapazitäts- oder Entfernungsproblemen. Ist das luftrechtlich überhaupt zulässig, wenn z.B. bei einem Luftfahrtunternehmen gebucht wird und der Gast wird an einen Privaten abgegeben. Hier herrschte bisher Unsicherheit und es waren unterschiedlichste Meinungen im Umlauf.
Die Neufassung der Vorschriften über die Luftfrachtführerhaftung hat dazu nebenbei Klarheit geschaffen. In den §§ 48 und 51 LuftVG werden die Haftungsverhältnisse zwischen vertraglichem und ausführendem Luftfrachtführer einerseits und dem Fluggast andererseits geregelt. Das gilt unabhängig davon, ob der eine oder der andere oder beide Luftfahrtunternehmer (§20 Abs. Satz 1 LuftVG) oder nichtgewerbliche Gästefahrer (§20 Abs. Satz 2 LuftVG) sind. Eine Weitergabe von Gästen ist mit deren Einverständnis in allen Fällen möglich.
Wichtig: Die Abgabe eines Gastes entbindet jedoch den vertraglichen Luftfrachtführer nicht von der Haftung. Grundsätzlich haften beide gemeinsam. Hier sitzt eine Falle für den abgebenden Ballonfahrer. Der Abschluss einer Passagierhaftpflichtversicherung ist zwar für alle Gästefahrer, privat und gewerblich, vorgeschrieben, wird aber nicht in gleicher Weise sichergestellt wie der Abschluss der Halterhaftpflichtversicherung bei der Zulassung des Ballons. Ist die Passagierhaftpflichtversicherung z.B. durch Prämienrückstand ungültig geworden, so bleibt die Zulassung des Ballons bestehen. Wer Gäste abgibt, sollte sich also vergewissern, dass der ausführende Ballonfahrer ordentlich versichert ist, sonst haftet er mit dem eigenen Vermögen mit. Die Versicherung seiner Ballone hilft ihm dabei nichts.
Kamera kaputt, Jacke zerrissen - das ist jetzt Sache des Gastes
Kleidung, Kameras, Brillen, eine sportliche Landung und schnell ist etwas beschädigt, beschmutz, verloren. Jeder ordentliche Pilot weißt seine Gäste auf die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen und Risiken hin. Passiert trotzdem was, so kommt gleich die Frage: Zahlt das Ihre Versicherung? Früher war die Antwort Ja, unsere Passagierhaftpflichtversicherung, - Schadensmeldung, Schreiberei und der Mann bekam Ersatz für die zerrissene Jacke, die verbeulte Kamera. Damit ist es jetzt vorbei.
Die Haftung für Sachen, die der Gast an sich trägt oder mit sich führt hat sich mit der Novellierung der §§ 44 ff LuftVG gründlich geändert. In der Regel wird der Gast laut § 47 seinen Schaden selbst zu tragen haben. Nur wenn der Pilot den Schaden durch einfache Fahrlässigkeit schuldhaft verursacht hat, was der Gast nachzuweisen hätte, werden maximal 1000 RE ersetzt, die Versicherung zahlt. Im Falle von nachgewiesener grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz haftet der Verursacher natürlich unbegrenzt und ohne Versicherungsdeckung.
Seit April 2005 in Kraft:
Haftungssummen und Versicherungspflichten z.T. halbiert
Die Haftungshöchstsummen der Halterhaftpflicht für Drittschäden sind seit April 2005 neu abgegrenzt und in der Haftungshöhe deutlich niedriger festgesetzt worden. Es lohnt sich einmal festzustellen, wo der eigene Ballon bisher stand und wie er jetzt einzuordnen ist:
Höchstabflugmasse Haftungsgrenze (alt) Haftungsgrenze (neu)
750-1000kg 3,0 Mio € 1,5 Mio € RE halbiert
1001-1200kg 3,0 Mio € 3,0 Mio € RE unverändert
1201-2000kg 4,5 Mio € 3,0 Mio € RE 66%
2001-2700kg 9,0 Mio € 3,0 Mio € RE 33%
über 2700kg 9,0 Mio € 7,0 Mio € RE 78%
Rechnungseinheit RE ist etwa 1,2 €
Natürlich reduzieren sich damit auch die für Luftfahrtveranstaltungen geforderten doppelten Summen entsprechend!
In der Passagierhaftpflicht betrug die Haftungsgrenze alt 600.000 € und war auch in dieser Höhe zu versichern. Die neue Regelung definiert eine verschärfte Haftung bis nur 100.000 RE, schreibt jedoch eine Versicherungshöhe von 250.000 RE unter Einschluss der einfachen Verschuldenshaftung vor, auch diese Regelung ist deutlich günstiger geworden.
Bisher ist nicht zu erkennen, dass diese Verbesserungen sich in den Versicherungsprämien niederschlagen - man sollte mit den Versicherern darüber in aller Deutlichkeit reden.
Bielefeld im Oktober 2005,
Gerhart Berwanger